Kunst-/Musiktherapie

Kunsttherapie gehört zu den Kreativtherapien und beruht auf einem integralen Ansatz, d.h. des Zusammenwirkens von Körper, Seele und Geist. Sie ist in die Tätigkeit des psychosozialen Teams der pädiatrischen onkologischen Station integriert und findet dreimal in der Woche in der Kinderklinik Mannheim statt.

Die Kunsttherapie wird eingesetzt, um die seelisch-geistigen Kräfte des Kindes/Jugendlichen zu mobilisieren. Das geschieht, indem sich diese mit Farben und Formen auseinandersetzen.

Dieses künstlerische Arbeiten ist immer als Prozess zu verstehen. Durch symbolhafte Darstellungen kann z.B. das innere Erleben nach außen projiziert werden und macht sich so als ein Aspekt des momentanen seelischen Zustandes deutlich.


Das Kind/der Jugendliche kommt durch das geführte Malen oder Plastizieren auch in seinen eigenen Schaffensprozess und schafft sich dadurch seine eigene Welt (Insel), aus der es/er seine eigene Stärke erfährt und dadurch wieder Mut und Hoffnung schöpft. Das Ergebnis dieser Arbeit entspricht zwar oft nicht unserer Erwartungshaltung von “schön”. Vielmehr liegt die Schönheit in der Einzigartigkeit des vom Kind/Jugendlichen selbst Geschaffenen. Trotz Krankheitsausbruch können so nicht verbalisierte Spannungen gelöst und Ängste abgebaut werden.

Die persönliche Zuwendung und Empathie der Kunsttherapeutin sind dabei entscheidend, um die Botschaften des Kindes/Jugendlichen wahrzunehmen, dessen Defizite zu erkennen und unterstützend auszugleichen. Hierbei wird großer Wert darauf gelegt, dass die Kinder/Jugendlichen nicht unter Zeit- und Leistungsdruck arbeiten.

Somit mobilisiert und stärkt die Kunsttherapie die Selbstheilungskräfte des Patienten.

Die Deutsche Leukämie-Forschungs-Hilfe -Aktion für krebskranke Kinder- Ortsverband Mannheim e.V. ist froh, seit vielen Jahren ein kunst- und musiktherapeutisches Angebot an der Kinderklinik Mannheim für krebserkrankte Kinder und Jugendliche zu ermöglichen. Kunst- und Musiktherapie sind voll spendenfinanziert.


Ein Bericht von Herrn Daniel Behrmann, Kunsttherapeut auf der onkologischen Kinderstation 31.4 im UMM

Laura*, ein zehnjähriges Mädchen mit Leukämie, zeichnet mit einem Wachspastellstift mehrere Kreise auf ein großformatiges Papier. Es ist gar nicht so einfach, die Kreise frei Hand zu zeichnen, doch nach einer Weile gelingt es Laura immer besser. Da das Blatt mit Kreppband an einer Schranktür fixiert ist, kann sie in einer aufrechten Körperhaltung arbeiten, die es ihr ermöglicht, mit schwungvollem, rhythmischem Gestus die einzelnen Kreise auf dem Papier entstehen zu lassen. Nach und nach ergeben die Kreise eine harmonische Gesamtform, die Laura im Stehen viel besser wahrnehmen kann als im Sitzen. Sie ist sich bewusst, dass alles, was sie gerade tut, bedeutsam ist – auch das Stehen, das nach dem langen Liegen im Krankenbett zuerst ungewohnt ist, dann aber wohltuend und kräftigend wirkt. Daher lässt sich Laura Zeit. Wir lauschen dem beständigen Geräusch des Stiftes auf dem Papier, das durch den Rhythmus von Lauras Armbewegungen verursacht wird. Alle Sinne sind aktiviert, Laura ist ganz präsent.

Seit Oktober 2019 arbeite ich für die Deutsche Leukämie-Forschungs-Hilfe -Aktion für krebskranke Kinder- Ortsverband Mannheim e.V., auf der „Station 31.4“, der pädiatrischen Onkologie des Universitätsklinikums Mannheim. Obwohl ich schon seit 10 Jahren Kunsttherapeut bin, war es mir persönlich wichtig, mich im onkologischen Bereich weiterzubilden, da ich das Krankenhaus als eines der zentralen Arbeitsfelder der Kunsttherapie betrachte. Daher fiel mir der Einstieg relativ leicht, und meine Tätigkeit mit den Kindern und Jugendlichen auf der Station erfüllt mich seitdem immer wieder aufs Neue. In der Akutversorgung des Krankenhauses bietet die Kunsttherapie keine komplementäre Beschäftigung, sondern eine notwendige und eigenständige Therapieform an, in der sich die Patienten mit künstlerischem Material und mit ihrer Situation auseinandersetzen können. Die regelmäßige Teilnahme an den multiprofessionellen Teamsitzungen ist wichtig, nicht zuletzt, um diese Auseinandersetzung zu würdigen. Mein persönlicher kunsttherapeutischer Ansatz versucht darüber hinaus, Körper und Bewegung zu fokussieren. Dazu eigne ich mir gerne auch Wissen aus der Physiotherapie an, denn schließlich sind Körperhaltung und Körperausdruck auch im kunsttherapeutischen Prozess der Gestaltung evident. In der Gestaltung kann eine äußere Bewegung zu einer inneren werden – und umgekehrt. „Bewegung ist Leben“, so brachte es Aristoteles auf den Punkt. Die antiken Philosophen wussten schon (fast) alles, denke ich oft, doch ohne Kinder wie Laura, die um das Leben kämpfen, wäre dieses Wissen nur Theorie.

Daniel Behrmann

* Name geändert


Aus der kunsttherapeutischen Arbeit mit Vanessa

Ich arbeite als Freie Kunsttherapeutin der Deutsche Leukämie-Forschungs-Hilfe -Aktion für krebskranke Kinder- Ortsverband Mannheim e.V. auf der onkologischen Kinderstation der Universitätsklinik Mannheim, die vom Verein unterstützt wird.

Dort lernte ich Vanessa vor einigen Jahren kennen. Vanessa unterzog sich einer OP wegen
Knochenkrebs an einem ihrer Beine. Die Weiterbehandlung wird seit mehreren Jahren von
der Kinderstation betreut.

Überdies ist ihre Lebenssituation so, dass dieses junge Mädchen seit ihrer Geburt mehrfach
behindert und erblindet ist. Seit dieser OP ist auch ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.

Vanessa lebt in einem Heim in Mannheim. Meine Arbeit mit ihr wird durch Spenden der
Deutsche Leukämie-Forschungs-Hilfe -Aktion für krebskranke Kinder- Ortsverband Mannheim e.V. unterstützt. Dies macht es möglich, dass ich sie auch außerhalb des Klinikums weiterhin begleiten kann.

Zudem bin ich die einzige Kontaktperson außerhalb des Heimes und der Schule, die sie
besucht. So haben wir über die Jahre eine gute Beziehung aufgebaut und Vanessa freut sich immer, wenn wir uns begegnen.

Dieses Herz  wurde von Vanessa in eine von mir vorgegebene Form, auf Pappe geklebt. Dieser Prozess war für sie, als blindes Mädchen, sehr zeitaufwendig, da Vanessa mit großer Konzentration Unterlegscheiben aussortierte, Klebstoff in die Form auftrug und dann tastend die Unterlegscheiben in diese Herzform drückte.

Zuletzt wurde das fertige Herz von ihr nochmals ausgiebig ertastet, um dann noch an den
Rand kleine Plastikherzchen zu kleben.

Das war eine schöne und gelungene Arbeit.

Ruth Ostric


  • Findet dreimal in der Woche in der Kinderklinik Mannheim statt.
  • Aktive Musiktherapie (Therapeut und Patient improvisieren auf unterschiedlichsten Instrumenten. Musikalische Vorbildung ist nicht notwendig)
  • Rezeptive Musiktherapie (Anhören meist ruhiger Musik zur Entspannung)
  • Klangliege zur Tiefenentspannung

Musiktherapie als Teildisziplin des psychosozialen Teams wird besonders da hilfreich sein, wo eine sprachliche Auseinandersetzung nicht oder noch nicht möglich ist.

Im Unterschied zu den sprachlich ausgerichteten Therapieformen bieten künstlerische Therapieformen dem Patienten im besonderen Maße die Möglichkeit, sich im direkten Tun auf der emotional-intuitiven Ebene auszudrücken und zu erfahren.

Durch die Beschäftigung mit dem nicht- bzw. vorsprachlichen Bereich haben wir es in der Musiktherapie mit einer Fülle von symbolhaften Darstellungen zu tun, die Ausdruck von innerem Erleben sind. Gefühlsäußerungen und Verhalten des Patienten werden dabei als Reaktion und persönlicher Ausdruck verstanden.

Es ist wichtig, diese Botschaften des Patienten zu erkennen und wertungsfrei anzunehmen! Dazu kann es notwendig sein, diese Erfahrungen auch auf die sprachliche Ebene zurückzuführen und zu reflektieren.


Neben diesen kommunikationsfördernden Maßnahmen geht es darum, Kreativität und absichtsloses Spiel im ichstärkenden Sinn zu fördern. Musiktherapeuten arbeiten gemäß ihrer Ausbildung und ihres allgemeinen Berufsbildes grundsätzlich auf psychotherapeutischer Grundlage.

Stützende und konfliktorientierte Verfahren können je nach Situation in unterschiedlicher Gewichtung von Bedeutung sein. In der Arbeit mit dem Patienten steht aber der Prozess im Vordergrund und NICHT ein bestimmtes Ergebnis! Die Musik dient dabei als Medium.

Hauptsächlich findet die Therapie ohne Eltern bzw. Angehörige statt. Bei Kleinkindern ist jedoch eine Gewöhnungszeit völlig normal und in Ordnung. In Ausnahmefällen ist es möglich, dass eine Bezugsperson mit im Raum bleibt. Es ist dann jedoch wichtig, sich absolut ruhig zu verhalten und nicht in das Geschehen einzugreifen!

Während der Therapie soll den Eltern bzw. der Begleitperson die Möglichkeit gegeben werden, sich auszuruhen, essen zu gehen, sich zu stärken, spazieren zu gehen etc., um sich mit erneuerter Energie dem Kind/Jugendlichen zuwenden zu können.